Abstract
Vorsichtige Rechnungslegung (accounting conservatism) ist nicht allein Folge vorsichtiger Rechnungslegungsnormen. Vielmehr führen ökonomische Anreize der Rechnungslegungsakteure in unterschiedlichem Ausmaß zu vorsichtigem Rechnungslegungsverhalten. Es gibt also Nachfrage nach accounting conservatism. Diese wirkt als normative Rechtfertigung auf die Entwicklung der Rechnungslegungsnormen zurück (Watts, 2006). In diesem Beitrag diskutieren wir ökonomische Motive für vorsichtige Rechnungslegung und zeigen deren empirische Evidenz in Rechnungslegungsnormen und -verhalten auf. Dabei wird hinsichtlich der Ereignisabhängigkeit der bilanziellen Vorsicht zwischen conditional und unconditional conservatism unterschieden, wobei eine trennscharfe theoretische Zuordnung von Rechnungslegungsregeln problembehaftet ist und eine separate empirische Messung der beiden Phänomene bislang nicht in befriedigender Weise gelungen ist. Da vorsichtige Rechnungslegungspraxis relativ unabhängig von Rechnungslegungsnormen existieren kann, verwundert es nicht, dass die vermeintlich vorsichtigen deutschen GoB im internationalen Vergleich nicht automatisch zum (conditional) vorsichtigsten Rechnungslegungsverhalten führen. Vor diesem Hintergrund ist fraglich, ob IASB und FASB in dem geplanten neuen Rahmenkonzept vorsichtige Rechnungslegung an ökonomischen Effizienzerwägungen vorbei abschaffen sollten. Watts (2003a, S. 210; 2006) fordert die Standardsetter zu Recht auf, ihre ablehnende Haltung gegenüber vorsichtiger Rechnungslegung zu überdenken, da sie wichtige ökonomische Funktionen erfülle, die noch nicht abschließend erforscht seien.
Item Type: | Journal article |
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Faculties: | Munich School of Management > Institute for Accounting, Auditing and Analysis |
Subjects: | 300 Social sciences > 330 Economics |
ISSN: | 0044-2372 |
Language: | German |
Item ID: | 105002 |
Date Deposited: | 25. Jul 2023, 06:59 |
Last Modified: | 25. Jul 2023, 07:30 |