Abstract
Hintergrund: Wenn freiberufliche Hebammen die Geburtshilfe aufgeben hat dies in Bayern drastische Konsequenzen. Fast drei Viertel der bayerischen Kreißsäle arbeiten im Belegsystem, d.h. mit freiberuflichen Hebammen im Schichtdienst. Die wissenschaftliche Aufbereitung von Stress bei der Arbeit kann dazu beitragen, die Abwanderung freiberuflicher Hebammen aus der Geburtshilfe zu erklären.
Ziel: Das Ziel war die Messung der Prävalenz von Gratifikationskrisen nach Siegrist als Prädiktor für zukünftige Berufsausstiege freiberuflicher Hebammen in Bayern.
Methodik: Das Modell der Effort-Reward Imbalance (ERI) misst die Ratio aus beruflicher Verausgabung und dafür erhaltener Belohnung. Erhöhte ERI-Ratio Werte (≥1) weisen auf Gratifikationskrisen hin, welche als Prädiktor für Arbeitsstress und daraus resultierende Berufsausstiege gewertet werden können. Die Prävalenz solcher Gratifikationskrisen wurde in einer onlinebasierten Querschnittstudie an einer Stichprobe von 107 freiberuflichen Hebammen in Bayern gemessen.
Ergebnisse: Die befragten Hebammen (N=45) hatten im Jahr 2013 im Median 50 Geburten betreut (SD 54,6) und hatten 10 Jahre Berufserfahrung (SD 9,7). Die Prävalenz von Gratifikationskrisen betrug in der Gesamtstichprobe 73% (n=33), im Median 1.2 (SD 0,3). Als belastend gaben die befragten Hebammen ihre finanzielle Entlohnung an und dass sie eine Verschlechterung ihrer beruflichen Situation erwarteten. Freiberufliche Hebammen im Kreisssaal-Schichtdienst gaben außerdem den Faktor „Zeitdruck“ als besonders belastend an. Als Belohnungsfaktor nannten die befragten Hebammen die Anerkennung von Kolleginnen und Kollegen und anderen beruflich wichtigen Personen.
Schlussfolgerung: Für die Mehrheit der befragten Hebammen in der Geburtshilfe stehen berufliche Verausgabung und dafür erhaltene Gegenleistungen nicht im Verhältnis. Die hohe Prävalenz von Gratifikationskrisen in der Stichprobe kann als Prädiktor für zukünftige Berufsausstiege interpretiert werden. Dies ist ein deutlicher Hinweis auf zukünftige Leistungseinschränkungen in der Geburtshilfe in Bayern.
Objective: To measure the effort-reward imbalance ratio amongst independent midwives providing intrapartum care in Bavaria in order to predict their intention to leave the profession.
Methods: The effort-reward imbalance (ERI) model measures the ratio of effort and reward in occupational contexts. A self-reported online survey was conducted on a convenience sample of 107 participants to measure the prevalence of ERI ratio scores ≥1. This is a strong predictor of intention to leave the profession amongst health care providers.
Results: Responses from 45 independent midwives were included who had attended a median of 50 births (SD 54.6) in 2013 with a mean of 10 years of professional experience (SD 9.7). The prevalence of an imbalanced effort and reward situation was 73 percent (N=33), with a median of 1.2 (SD 0.3). The participating midwives reported that low pay and the anticipated deterioration in their professional situation were the negative aspects of midwifery. Professional recognition from important people (colleagues, superiors) was cited as a relevant balancing factor.
Conclusions: This study found that nearly three-quarters of the examined sample experienced an imbalance of effort and reward in their profession. This can be interpreted as a predictor of future job leavers. Despite the limitations of this study, the results suggest a further decrease in independent midwives providing continuity of care in hospital and homebirth settings in Bavaria in the future.
Dokumententyp: | Zeitschriftenartikel |
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Fakultät: | Medizin > Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin |
Themengebiete: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin und Gesundheit |
URN: | urn:nbn:de:bvb:19-epub-121367-6 |
ISSN: | 2366-5076 |
Sprache: | Deutsch |
Dokumenten ID: | 121367 |
Datum der Veröffentlichung auf Open Access LMU: | 12. Sep. 2024, 07:16 |
Letzte Änderungen: | 12. Sep. 2024, 07:16 |