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Felbermayr, Gabriel; Janeba, Eckhard; Görg, Holger; Belke, Ansgar; Pflüger, Michael und Ebner, Stefan (2010): Schadet Deutschlands Exportpolitik den Nachbarn?

Volltext auf 'Open Access LMU' nicht verfügbar.

Abstract

In den letzten Monaten stand das deutsche »Exportmodell« in der Kritik. Die deutschen Überschüsse seien mitverantwortlich für die Defizite der Nachbarländer und schaden den Handelspartnern, lautet der Vorwurf. Ist diese Einschätzung gerechtfertigt? Für Gabriel Felbermayr, Universität Hohenheim, entbehren die Behauptungen einer soliden Grundlage. Dies bedeute nicht, dass die Ungleichgewichte nicht Anlass zu Sorge bieten, doch das fundamentale Problem liege in den Finanzmarktinstitutionen, und nicht auf den Güter- oder Arbeitsmärkten, und es handele sich dabei auch nicht um ein Problem »made in Germany«. Eine »wirkliche« Exportpolitik Deutschlands im Sinn der klassischen Instrumente der Exportförderung gebe es nicht, der Vorwurf laute eher, dass Deutschland durch seine Arbeitsmarktpolitik indirekt Exportpolitik betreibe und durch die Lohnzurückhaltung seine Wettbewerbsfähigkeit auf unfaire Weise und zum Schaden der Nachbarn verbessert hätte. Aber langfristig führen Arbeitsmarktreformen in einem Land zu geringer Arbeitslosigkeit bei den Handelspartnern. Allerdings wirken, laut Felbermayr, Fehlanreize aus dem »De-facto-Haftungsverbund Währungsunion« in Deutschland wie eine Exportförderungspolitik, nutzen aber den Nachbarn und schaden den Deutschen. Nach Ansicht von Eckhard Janeba, Universität Mannheim, ist Deutschland zwar auf makroökonomischer Ebene kein Vorwurf zu machen, da die maßvolle Haushaltspolitik den langfristigen konstitutionellen Vorgaben entspricht. Gleichwohl habe der deutsche Staat und nicht nur dieser auf mikroökonomischer Ebene Politikentscheidungen getroffen, die sich in Handelsverzerrungen niederschlagen. Dies zu ändern, wäre eine Aufgabe für die deutsche Politik. Holger Görg, Universität Kiel, betrachtet die Frage von der Eben der Firmen aus. Eine relativ kleine Anzahl von Firmen zeichnet verantwortlich für einen Großteil der deutschen Exporte. Dies sind hochproduktive Unternehmen, die im ausländischen Wettbewerb bestehen können. Für Importeure gilt jedoch genau das Gleiche: es sind relativ wenige, und sie sind hochproduktiv. Durch Importe kommt neue Technologie ins Importland, die von diesen einheimischen Firmen angewendet werden kann. Wenn nun beispielsweise Frankreichs Exporte nicht so sind, wie von Regierungsseite gewünscht, liegt das zu einem gewissen Teil mit an den beteiligten Unternehmen. Diese könnten durchaus von Importen profitieren, indem sie Zugang zu Technologie bekommen. Ansgar Belke, Universität Duisburg-Essen, verdeutlicht, dass die Exporterfolge Deutschlands auf Wettbewerbsvorteilen, die man sich durch Innovationen, technischen Fortschritt und einer moderaten Lohnpolitik über Jahre hinweg erarbeitet hat, beruhen. Deutschland sei an den Weltmärkten in erster Linie bei Investitionsgütern führend. Diese Produkte würden von Spanien, Portugal oder Griechenland nicht in vergleichbarer Qualität hergestellt, von daher gehen für diese Länder auch keine Marktanteile verloren. Außerdem habe Deutschland durch sein Exportmodell auch die Rolle einer europäischen Konjunkturlokomotive ausgefüllt, da seine hohen Exporte als Vorleistungen auch regelmäßig hohe Importe nach sich ziehen. Deutschlands Exporte nützen also den Nachbarn gegenwärtig mehr, als sie ihnen schaden. Dennoch sollte Deutschland durch Erhöhung seiner Kaufkraft Verantwortung für die Rückführung der Leistungsbilanzungleichgewichte in der Eurozone übernehmen am besten durch eine stärkere Flexibilisierung seines Dienstleistungssektors und eine Senkung der Lohnnebenkosten. Auch Michael Pflüger und Stefan Ebner, Universität Passau, sehen vor allem hausgemachte Ursachen für die Spannungen innerhalb des Euroraums. Richtig sei jedoch, dass die wohlbegründete Lohnzurückhaltung, die in den letzten Jahren in Deutschland geübt wurde, den europäischen Nachbarn kontraktive Impulse und Anpassungslasten beschert habe. Angesichts der gegenwärtigen Lage der Weltkonjunktur fordere die amerikanische Administration von Deutschland zu Recht stärkere Impulse für die Weltkonjunktur.

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