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Rothut, Sophia ORCID logoORCID: https://orcid.org/0000-0003-0990-8034; Sacher, Anna-Luisa; Strohmeier, Rebecca und Reinemann, Carsten ORCID logoORCID: https://orcid.org/0000-0001-9715-8434 (2023): Meinungsfreiheit in Gefahr? Wie politische Einstellungen und individuelle Erfahrungen die Wahrnehmung der Meinungsfreiheit in Deutschland prägen. In: Studies in Communication and Media, Bd. 12, Nr. 1: S. 48-91 [PDF, 1MB]

Abstract

Die Meinungsfreiheit ist eines der grundlegendsten Menschenrechte in modernen Demokratien. Einerseits ermöglicht sie die individuelle Persönlichkeitsentfaltung und Meinungsbildung. Andererseits ist sie zentral für das Funktionieren demokratischer Prozesse, weil sie gewährt, divergierende Ansichten öffentlich zum Ausdruck zu bringen, gegenüber der Politik zu artikulieren und in freien, diskursiven Aushandlungsprozessen zu konsensfähigen Lösungen politischer Fragen zu kommen (Garton Ash, 2016; Klausmann, 2019). Angesichts dessen erscheint es besorgniserregend, dass ein großer und offenbar zunehmender Teil der Bevölkerung die Meinungsfreiheit als eingeschränkt wahrzunehmen scheint, wie erste Studien andeuten (Köcher, 2019; Petersen, 2021). Was zu dieser Einschätzung der aktuellen Lage von Meinungsfreiheit in Deutschland führt, ist derzeit aber noch unklar und weitestgehend unerforscht. Aus diesem Grund zielt die vorliegende, explorativ angelegte Studie darauf ab, potenzielle Faktoren zu identifizieren, die eine solche Wahrnehmung erklären. Dies erfolgt anhand einer quotierten Online-Befragung von 945 Personen, die Anfang 2020 in Deutschland durchgeführt wurde. Angesichts der überschaubaren Zahl einschlägiger Studien berücksichtigen wir eine breite Palette an theoretisch hergeleiteten (Individual-)Faktoren, die die Wahrnehmung der Meinungsfreiheit potenziell determinieren. Die Faktoren sind vier Blöcken zuzuordnen: (1) politische Prädispositionen, (2) individueller Umgang mit Konflikten, (3) Sanktionen infolge von Meinungsäußerungen sowie (4) Themenaufmerksamkeit und Mediennutzung. Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere politische Prädispositionen wie politisches Vertrauen, relative Deprivation und Parteipräferenzen (vor allem für die rechtspopulistische AfD) am stärksten mit der Wahrnehmung von Meinungsfreiheit zusammenhängen. Insgesamt lässt sich aber über die gesamte Befragung hinweg ein beträchtlicher Anteil an Personen beobachten, der Probleme des aktuellen Stands der Meinungsfreiheit sieht. Mögliche Ursachen und Implikationen sowie sich daraus ergebende Forschungsdesiderate werden diskutiert.

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